Actually I wanted to start the first English post with an article for a new series that discusses the new "movement" of New Realism. But I heard a talk of a lecturer of mine at the university in Erfurt which I really enjoyed. It was all about Wittgenstein and his struggles with his own philosophy.
Since I read Wittgensteins "On Certainty" I had the feeling that something is wrong with the project Wittgenstein persued. And even Wittgenstein himself seems to feel that. His remarks are so incomparable because you feel how he struggles with his own philosophy. But what is wrong with Wittgenstein?
I call the following theses "Wittgensteins contextualism": He says our language is absolutely fine in an everyday context. But if we use our ordinary language in a philosophical context we are starting to fabricate nonsense. We think we say something but actually we don't! And that's where our philosophical problems come from. (Remember in "On Certainty" where he is philosophizing with a friend in a bar and a friend asks what they are talking about and he answers: Ah don't worry we are just philosophizing.)
Now I think the main problem with this is the notion of "ordinary language". Is it really clear what this even means? What is an ordinary language? If I want to know what the notion of an electron is then I have to watch for the ordinary use of the word. But does the notion of an electron belong to our ordinary language? Or not? And if not is the notion of an electron nonsense? Couldn't we say that the notion of an electron and all its strange usages (you can describe it as a particular AND as a wave etc.) is just a notion of the "ordinary language" of the physicists? And if so have lawyers, medics, yes even philosophers their own "ordinary language"? (That it is their ordinary language is very well shown by the fact that they crack jokes in that language. The "ordinary" man on the street doesn't understand them because he is just not speaking the ordinary language of the physician.)
Is that not differentation of our language that Wittgenstein doesn't pay much attantion if he thinks that everything can be reduced to "ordinary language"? What makes the difference for modern physical vocabulary is just that you can't reduce it to ordinary language which talks about middle sized objects. Such an object just can't be on two different places at once. I think here you can turn Wittgenstein against Wittgenstein: He blames the good old philosophical theorys of language for overemphasize one aspect of language (the denotation by names like he shows in the "Philosophical Investigations") he takes another one of these aspects (the "ordinary language") and proclaims that this is the essential part of our language and if it can't be translated into a ordinary context with ordinary language it's nonsense.
He just doesn't see how versatile and adaptable our language is. Thomas Nagel critizises Wittgensteins for denying that we can develop and extend our concepts beyond the ordinary context. In "On Certainty" Wittgenstein tries to describe our usage of concepts like truth or certrainty and so he wants to show that there is not really a problem of scepticism if we just use the words how we do it in everyday life. But you feel him struggle with that. Until the last paragraph just before he dies. There he is back at the problem of the dream argument of Descartes.
I think that is really a problem in Wittgensteins oeuvre and often overseen by Wittgensteinians.
What's wrong with Wittgenstein?
Im Gedenken an Ernesto Laclau: Hegemonie und Populismus
Der argentinische Theoretiker Ernesto Laclau ist am 13. April 2014, im Alter von 78 Jahren, leider gestorben. Zusammen mit Chantal Mouffe hat er wohl eines der wichtigsten Werke des Post-Marxismus geschrieben. In "Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus." unterziehen Laclau und Mouffe den klassischen Marxismus einer detaillierten Kritik aus dem Blickwinkel eines erneuerten Denkens, das sich an Antonio Grasmci orientiert. Sie kritisieren vor allem die Geschichtsteleologie des Marxismus und die essentialistische Darstellung der Einheit und Homogenität des revolutionären "Subjekts". Laclau und Mouffe machen darauf aufmerksam, dass politische Identitäten erst erzeugt werden müssen.
Zur Philosophie gehört es auch, allgemein anerkannte Deutungen von Begriffen zu hinterfragen. Laclau hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, zu zeigen, dass der Begriff des Populismus, der in den westlichen, liberal-demokratischen Staaten eine negative Konnotation trägt, ein Begriff ist, der bereits in die Strukturen des Politischen eingeschrieben ist. Daher fragt Laclau in dem Artikel der in der aktuellen Ausgabe der Luxemburg erschienen ist: "Warum Populismus?" Der Populismusbegriff wurde lange Zeit damit verbunden, dass eine politische Bewegung die Bevölkerung zu einer unstrukturierten Masse reduziert. Laclau weist stattdessen darauf hin, dass der Populismus eine Grunddimension des Politischen ist.
Dabei gilt es mit zwei Grundannahmen des klassischen Marxismus zu Brechen: Erstens die Annahme, dass die Geschichte teleologisch verlaufe, sprich sich einer bestimmten Entwicklungslogik verläuft. Zweitens, dass es ein homogenes Subjekt gibt, dass diese Logik erkennt und ausnutzen kann. In dieser Perspektive kann die "Masse" und somit der Populismus nur als unstrukturiert und irrational erscheinen. "Stellt man jedoch diese für den soziologischen und historischen Rationalismus grundlegende Vorverständnis infrage, werden die Rollen vertauscht: Homogenität ist dann nicht mehr das unerschütterliche Fundament der Geschichte. Sie wird stattdessen zu einem stets bedrohten Prozess hegemonialer Homogenisierung. Das Primäre ist dann die Heterogenität." (S. 7)
Daraus folgt, dass eine homogene Bewegung immer aus heterogenen Ansprüchen konstruiert und erzeugt werden muss. Genau darauf laufen die drei Elemente des Populismus laut Laclau hinaus. Es muss eine Äquivalenzkette von mehreren sozialen Ansprüchen bestehen. Das heißt, Lohnforderungen müssen mit Ansprüchen im Bezug auf z.B. Gesundheit, Verkehr, Wohnung etc. verbunden werden. Dadurch wird die Gesellschaft in zwei Lager gespaltet - in die popularen Klassen und die Machthaber. Dabei können die Ansprüche sich aus verschiedensten Ideologien speisen. Der Populismus ist neutral gegenüber Ideologien. Er ist vielmehr die "Form der Konstruktion des Politischen." (S.8) Das erklärt, warum es sowohl rechte, als auch linke Populismen gibt. Das dritte Merkmal ist ein "leerer Signifikant". Die Äquivalenzkette muss sich als Totalität, als eine Bewegung darstellen. Dazu muss ein Anspruch oder eine Gruppe von Ansprüchen, ohne seine Partikularität aufzugeben, die Ganze Bewegung repräsentieren. Dieser Signifikant, kann ein Führer sein oder bestimmte Ansprüche wie Demokratie oder Gerechtigkeit. Diese Repräsentation einer Allgemeinheit nennt Laclau nach Gramsci Hegemonie.
Somit entwirft Laclau eine Theorie der politischen Artikulation, die ohne Geschichtsteleologie und Identitätsontologie auskommt. Stattdessen ist Identitätsbildung immer ein Prozess, der offen ist. Wie nützlich Laclaus Theorie ist, zeigt sich bei einem Blick, auf die aktuell viel diskutierten Montagsdemos. Diese Bewegung die sich als jenseits von Rechts und Links beschreibt und Bedürfnisse nach Transparenz, Gerechtigkeit und Veränderung unter dem leeren Signifikanten des Friedens kanalisiert, zeigt sich dabei offen in Richtung des Neonazismus und Rechtspopulismus. Köpfe der Bewegung wie Ken Jebsen oder Jürgen Elsässer, die beide dem Spektrum des Rechtspopulismus und der Verschwörungstheorien zugeordnet werden, lenken die Bewegung dabei gleichzeitig in Richtung von völkischem und anti-semitischen Gedankenguts. Auch die NPD äußert sich dabei positiv zu dieser Bewegung. Der hegemoniale Kampf um den Signifikaten der Friedensbewegung ist eröffnet. Die Montagsdemos füllen ein Aktionsvakuum, dass auf die Bedrohung des Friedens durch die Krim-Krise und Forderungen nach Transparenz und Veränderung entstanden ist und von der Linken nicht aufgefüllt werden konnte. Die Handlungen der Linken ist bis jetzt eher reaktionär ausgefallen. Anstatt, wie wir es von Laclau lernen könnte, die Forderungen von Frieden, Transparenz und Veränderung selbst mit linken Artikulationen zu verbinden und somit die Vereinnahmung der Friedensbewegung durch Rechte zu kontestieren, steht man eher daneben und sieht wie das Kaninchen auf die Schlange. Es müsste darauf ankommen, den Signifikaten des Friedens selbst mit eigenen Forderungen und Aktionen zu besetzen, um somit im hegemonialen Kampf das Bild nach links zu verschieben.
Zur Philosophie gehört es auch, allgemein anerkannte Deutungen von Begriffen zu hinterfragen. Laclau hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, zu zeigen, dass der Begriff des Populismus, der in den westlichen, liberal-demokratischen Staaten eine negative Konnotation trägt, ein Begriff ist, der bereits in die Strukturen des Politischen eingeschrieben ist. Daher fragt Laclau in dem Artikel der in der aktuellen Ausgabe der Luxemburg erschienen ist: "Warum Populismus?" Der Populismusbegriff wurde lange Zeit damit verbunden, dass eine politische Bewegung die Bevölkerung zu einer unstrukturierten Masse reduziert. Laclau weist stattdessen darauf hin, dass der Populismus eine Grunddimension des Politischen ist.
Dabei gilt es mit zwei Grundannahmen des klassischen Marxismus zu Brechen: Erstens die Annahme, dass die Geschichte teleologisch verlaufe, sprich sich einer bestimmten Entwicklungslogik verläuft. Zweitens, dass es ein homogenes Subjekt gibt, dass diese Logik erkennt und ausnutzen kann. In dieser Perspektive kann die "Masse" und somit der Populismus nur als unstrukturiert und irrational erscheinen. "Stellt man jedoch diese für den soziologischen und historischen Rationalismus grundlegende Vorverständnis infrage, werden die Rollen vertauscht: Homogenität ist dann nicht mehr das unerschütterliche Fundament der Geschichte. Sie wird stattdessen zu einem stets bedrohten Prozess hegemonialer Homogenisierung. Das Primäre ist dann die Heterogenität." (S. 7)
Daraus folgt, dass eine homogene Bewegung immer aus heterogenen Ansprüchen konstruiert und erzeugt werden muss. Genau darauf laufen die drei Elemente des Populismus laut Laclau hinaus. Es muss eine Äquivalenzkette von mehreren sozialen Ansprüchen bestehen. Das heißt, Lohnforderungen müssen mit Ansprüchen im Bezug auf z.B. Gesundheit, Verkehr, Wohnung etc. verbunden werden. Dadurch wird die Gesellschaft in zwei Lager gespaltet - in die popularen Klassen und die Machthaber. Dabei können die Ansprüche sich aus verschiedensten Ideologien speisen. Der Populismus ist neutral gegenüber Ideologien. Er ist vielmehr die "Form der Konstruktion des Politischen." (S.8) Das erklärt, warum es sowohl rechte, als auch linke Populismen gibt. Das dritte Merkmal ist ein "leerer Signifikant". Die Äquivalenzkette muss sich als Totalität, als eine Bewegung darstellen. Dazu muss ein Anspruch oder eine Gruppe von Ansprüchen, ohne seine Partikularität aufzugeben, die Ganze Bewegung repräsentieren. Dieser Signifikant, kann ein Führer sein oder bestimmte Ansprüche wie Demokratie oder Gerechtigkeit. Diese Repräsentation einer Allgemeinheit nennt Laclau nach Gramsci Hegemonie.
Somit entwirft Laclau eine Theorie der politischen Artikulation, die ohne Geschichtsteleologie und Identitätsontologie auskommt. Stattdessen ist Identitätsbildung immer ein Prozess, der offen ist. Wie nützlich Laclaus Theorie ist, zeigt sich bei einem Blick, auf die aktuell viel diskutierten Montagsdemos. Diese Bewegung die sich als jenseits von Rechts und Links beschreibt und Bedürfnisse nach Transparenz, Gerechtigkeit und Veränderung unter dem leeren Signifikanten des Friedens kanalisiert, zeigt sich dabei offen in Richtung des Neonazismus und Rechtspopulismus. Köpfe der Bewegung wie Ken Jebsen oder Jürgen Elsässer, die beide dem Spektrum des Rechtspopulismus und der Verschwörungstheorien zugeordnet werden, lenken die Bewegung dabei gleichzeitig in Richtung von völkischem und anti-semitischen Gedankenguts. Auch die NPD äußert sich dabei positiv zu dieser Bewegung. Der hegemoniale Kampf um den Signifikaten der Friedensbewegung ist eröffnet. Die Montagsdemos füllen ein Aktionsvakuum, dass auf die Bedrohung des Friedens durch die Krim-Krise und Forderungen nach Transparenz und Veränderung entstanden ist und von der Linken nicht aufgefüllt werden konnte. Die Handlungen der Linken ist bis jetzt eher reaktionär ausgefallen. Anstatt, wie wir es von Laclau lernen könnte, die Forderungen von Frieden, Transparenz und Veränderung selbst mit linken Artikulationen zu verbinden und somit die Vereinnahmung der Friedensbewegung durch Rechte zu kontestieren, steht man eher daneben und sieht wie das Kaninchen auf die Schlange. Es müsste darauf ankommen, den Signifikaten des Friedens selbst mit eigenen Forderungen und Aktionen zu besetzen, um somit im hegemonialen Kampf das Bild nach links zu verschieben.
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Zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
Rede zum Gedenken an die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Gehalten am 19.01.2014 in Suhl.
Ich freue mich, dass ich gebeten wurde, heute an diesem Tag, an dem wir an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburgs Ermordung gedenken, zu sprechen. Ich denke die meisten hier kennen die Geschichte von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Deshalb möchte ich vor allem darauf eingehen, welche Bedeutung sie für unsere heutige Situation haben.
In diesem Jahr 2014 haben wir ein weiteres trauriges Jubiläum zu begehen. Der Beginn des ersten Weltkrieges jährt sich zum einhundertsten Mal. Kaum eine Biografie ist so dicht mit den Ereignissen des ersten Weltkrieges verwoben, wie die Karl Liebknechts. Karl Liebknecht, dessen Taufpaten Karl Marx und Friedrich Engels waren, ist 1871 in Leipzig geboren. Schon als junger Anwalt prangerte er die Klassenjustiz und die brutale Behandlung von Rekruten im Militär an. 1900 ist er schließlich in die SPD eingetreten, die damals als eine der fortschrittlichsten sozialistischen Parteien Europas galt. Liebknecht sollte uns vor allem als Antimilitarist in Erinnerung bleiben. Für seine Schrift „Militarismus und Antimilitarismus“ wurde er wegen Hochverrats verurteilt.
Als im August 1914 im Reichstag über die Kriegskredite für die Mobilmachung gegen Russland abgestimmt wurde, stimmte auch Liebknecht aus Gründen der Fraktionsdisziplin für die Kredite. Nach heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD, bei der die Burgfriedenspolitik stark kritisiert wurde, kam es zu einem Beispiellosen Ereignis. Am 2. Dezember sollte erneut über Kriegskredite abgestimmt werden. Mehrere SPD Fraktionsmitglieder verließen vor der Abstimmung das Parlament und auch Liebknecht wurde aufgefordert, sich ihnen anzuschließen. Doch er wollte ein klares Zeichen gegen den Krieg setzen. Als einziger Abgeordneter des Parlaments blieb er bei der Abstimmung auf seinem Stuhl sitzen.
Und ein weiteres Mal bewahrheitet sich Marx‘ Diktum aus dem 18. Brumaire des Louis Bonaparte in dem er Hegel paraphrasiert: „Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Was sich am 2. Dezember 1914 als Tragödie abgespielt hatte, sollte sich 1998 als Farce wiederholen. Die SPD Fraktion, die freilich außer dem „S“ im Namen nichts sozialdemokratisches mehr an sich hatte, stimmte für den Einsatz der Bundeswehr im Kosovokrieg. Ein NATO Einsatz ohne UN-Mandat. Eine neue Burgfriedenspolitik war im vollen Gange, mit der die SPD endgültig ihre Ursprünge verriet. Karl Liebknecht stellt somit ein Beispiel dar, in einer Zeit in der nach dem Zweiten Weltkrieg mehr Kriege geführt wurden und werden, als je zuvor in der Geschichte.
Während ich Karl Liebknecht vor allem als Antimilitarist hervorheben möchte, so möchte ich bei Rosa Luxemburg vor allem auf ihr theoretisches Engagement eingehen. Die Linke, und ich spreche hier von der gesamten internationalen Bewegung und nicht nur von den parlamentarischen Parteien, befindet sich seit mehreren Jahrzehnten in einer Krise und das liegt meines Erachtens vor allem an einem theoretischen Defizit, das auch für das erstarken des Rechtspopulismus verantwortlich ist. Nach dem Zusammenbruch des so genannten real existierenden Sozialismus, schien der real existierende Kapitalismus gesiegt zu haben. Die Selbstkritik radikaler Theoretiker beseitigte jegliche bis dahin geglaubte Selbstverständlichkeiten. Eine neue Analyse des Kapitalismus musste und muss angestellt werden, neue Perspektiven und Einsichten gewonnen werden. Und erst langsam scheinen wir uns aus diesem Tief herauszuarbeiten. Doch bei aller Selbstkritik scheint mir die kommunistische Hypothese, wie der französische Philosoph Alain Badiou sie nennt, nämlich, dass es im kapitalistischen System keine Emanzipation des Menschen geben kann, nicht widerlegt worden zu sein. Der Kommunismus des 20. Jahrhunderts ist kläglich gescheitert, keine Frage und auch für Rosa Luxemburg war nur die Alternative zwischen Reform und „Straßenrevolution“, wie sie es nannte und die heute wenig aussichtsreich erscheint, zu sehen. Aber wir erleben neue Formen des Widerstands wie im arabischen Frühling oder Occupy Wallstreet und die alte Streitfrage zwischen Revolution oder Reform und Organisation oder Spontaneität treten wieder auf die Tagesordnung. Niemand hat so viele Entwicklungen in diesem Themenfeld vorausgesehen, wie Rosa Luxemburg.
Sie hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Reformen nur etwas bringen, wenn man das Endziel eines Sozialismus nicht aus den Augen verliert. Die These, dass der Kapitalismus ein ungerechtes System ist, das überwunden werden muss, ist gerade die These die sozialistische Parteien von allen anderen bürgerlichen Parteien unterscheidet. Ich denke hier natürlich zu allererst an DIE LINKE. Als einzige Partei weist sie immer wieder darauf hin, dass es um eine Transformation der kapitalistischen Gesellschaft gehen muss. Sollte sie eines Tages dieses Ziel aufgeben, dann gilt für sie das gleiche, was Rosa Luxemburg für die damalige SPD und den Reformismus Bernsteins festgestellt hat, sie macht sich überflüssig.
Sie wendete sich somit sowohl gegen den Reformismus Eduard Bernsteins, als auch gegen Lenins Konzept der Partei als Repräsentation der Arbeiter. Ihr war es wichtig, dass Revolution und Reform, Spontaneität und Organisation ineinandergreifen und ein Beziehungsgeflecht bilden müssen. Denn worauf es schließlich ankommt, ist was nach der Revolution bleibt, was sich wirklich im Alltag der Menschen verändert hat. Sie unterzieht bereits damals dem Konzept der Repräsentation eine Kritik, die heute eine Schlüsselstelle des theoretischen Diskurses einnimmt. Ihr war bewusst, dass eine einfache politische Machtübernahme nicht ausreicht, um die Gesellschaft freier und gerechter zu gestalten. Sie sagt in der Rede zum Programm der KPD: „Man dachte, es ist nur nötig, die alte Regierung zu stürzen, eine sozialistische Regierung an die Spitze zu stellen, dann werden Dekrete erlassen, die den Sozialismus einführen. Das war wiederum nichts als eine Illusion. Der Sozialismus wird nicht gemacht und kann nicht gemacht werden durch Dekrete, auch nicht von einer noch so ausgezeichneten sozialistischen Regierung. Der Sozialismus muß durch die Massen, durch jeden Proletarier gemacht werde.“ Es geht also darum neue Lebensformen zu entwickeln, die uns ein freieres Leben erlauben. Es geht auch darum neue Formen demokratischer Politik zu erfinden (ich sage hier mit Absicht erfinden, da wir bisher nicht wissen, was wir damit meinen), die sich nicht auf den Begriff der Repräsentation stützen und da genügen nicht einfach Ideen einer direkten Demokratie mit Volksabstimmungen. Wie diese Formen aussehen werden ist uns nicht völlig klar, da sie erst in der sozialen Praxis erschlossen werden müssen. Lassen wir Rosa noch einmal selbst zu Wort kommen. In der Rede zum Programm der KPD sagt sie zur Rolle der Arbeiter- und Soldatenräte: „Die Masse muss, indem sie Macht ausübt, lernen, Macht auszuüben. Es gibt kein anderes Mittel, ihr das beizubringen.“ Freilich sind es heute nicht die Räte, sondern Ereignisse wie Occupy Wallstreet, die sich in neuen Formen demokratischer Politik üben müssen und sie zugleich neu erfinden.
Ich bin mir sicher, dass Rosa Luxemburg heute begeistert von Parteien wie DIE LINKE und Syrizia wäre und gleichzeitig uns warnen würde, die parlamentarische Arbeit nicht zu überschätzen. In ihrem Text „Sozialreform oder Revolution?“ schreibt sie über den Parlamentarismus: „Zwar der Form nach dient der Parlamentarismus dazu, in der staatlichen Organisation die Interessen der gesamten Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. (…) Die der Form nach demokratischen Einrichtungen werden somit dem Inhalte nach zum Werkzeuge der herrschenden Klasseninteressen. Dies tritt in greifbarer Weise in der Tatsache zutage, daß, sobald die Demokratie die Tendenz hat, ihren Klassencharakter zu verleugnen und in ein Werkzeug der tatsächlichen Volksinteressen umzuschlagen, die demokratischen Formen selbst von der Bourgeosie und ihrer staatlichen Vertretung geopfert werden.“ Ich denke das gilt auch heute noch und vielleicht sogar verstärkt, wenn man sieht, dass in China ein Autoritarismus der kapitalistischen Entwicklung dienlicher ist, als die Demokratie. Für sie waren es deshalb immer die Massen, die die Politik machen sollten, dazu gehörten Streiks, Demonstrationen, Parteien und viele mehr. Parteien sollten nicht die Arbeiter vertreten oder bevormunden. Sollte es soweit kommen müssten sich die Arbeiter auch gegen solch eine „Arbeiterpartei“ wehren. Heute würden wir natürlich nicht nur von Arbeitern sprechen, sondern von jeglichen Gruppen unterdrückter und benachteiligter Menschen. Aber es gilt noch immer, der Kampf muss je nach Situation im, aber unter Umständen auch gegen das Parlament oder beides zugleich stattfinden. Rosa Luxemburg verwehrt sich also einerseits der Bürokratie der parlamentarischen Demokratie, aber auch dem Zentralismus russischen Vorbilds.
Wir haben begriffen, dass die Geschichte nicht für uns arbeitet, eher im Gegenteil. Daher kann Parlamentspolitik erst einmal nur darin bestehen, den Zug der Geschichte aufzuhalten, bevor er gegen die Wand fährt. Eine Umgestaltung und Neuerfindung unserer Lebens- und Politikformen kann aber nicht aus dem Parlament kommen, sondern muss in der Praxis, im Leben geschehen.
Diese Gedanken, die ich von Rosa Luxemburg gewonnen und aktualisiert habe, zeigen, wie aktuell ihr Denken ist. Wer am Ideal einer Emanzipation des Menschen festhält und auf der Suche nach neuen Formen der politischen Organisation ist, kommt um Rosa Luxemburg nicht herum. Sie ist so aktuell wie kaum eine andere Denkerin des letzten Jahrhunderts. Daher ist es mehr als tragisch, dass sowohl Rosa Luxemburg, als auch Karl Liebknecht so früh von uns gehen mussten. Der internationalen Linken wird immer vorgeworfen, dass sie ihre Vergangenheit nicht aufarbeiten würden. Doch auch die SPD hat ein paar Leichen im Keller, an die sie sich nicht heran traut. Schließlich war es der SPD Reichspräsident Friedrich Ebert, der Gustav Noske damit beauftragte Freikorps aufzustellen, die den Spartakusaufstand niederschlagen sollten. Die Antibolschewistische Liga, finanziert von der deutschen Wirtschaft und der deutschen Bank, sorgten für eine Stimmung des Hasses und für eine Hexenjagd nach den Köpfen der frisch gegründeten KPD. Schließlich waren es Soldaten eben jener Freikorps unter Gustav Noske, die Luxemburg und Liebknecht im Rausche der Ereignisse einfach erschossen.
Aber diese Gedenkveranstaltung beweist, dass Rosa Luxemburg recht hatte wenn sie schrieb: „Ich war, ich bin, ich werde sein!“
Alain Badiou und das nomadische Proletariat
Alain Badiou gehört zu einem der aufregendsten Denker unserer Zeit. Er versucht durch sein außergewöhnliches Denken die kommunistische Idee, wie er es nennt, am Leben zu erhalten. Er beweist, dass radikale, linke Theorie nicht dogmatisch oder veraltet sein muss, sondern höchst aktuell sein kann.
In einem seiner neusten Interviews, spricht er über Camus und Sartre, die französische Einwanderungspolitik, die Ukraine und der Idee Deutschland und Frankreich zu vereinigen.
Original Interview mit Alain Badiou
In einem seiner neusten Interviews, spricht er über Camus und Sartre, die französische Einwanderungspolitik, die Ukraine und der Idee Deutschland und Frankreich zu vereinigen.
Original Interview mit Alain Badiou
Review: Margarethe von Trottas "Hannah Arendt"
Margarethe von Trotta ist bekannt dafür, sich mit den Biografien von berühmten, weiblichen Persönlichkeiten außeinander zu setzen. Nach zum Beispiel Rosa Luxemburg und Hildegard von Bingen, hat sie sich eine der bekanntesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts, Hannah Arendt, herausgesucht und einen Film gedreht. Dabei wird Arendt von Barbara Sukowa gespielt, die bereits Rosa Luxemburg in einem von Trotta Film spielen durfte.
Insbesondere geht es um die Zeit zwischen 1960 und 1964, in der Hannah Arendt am Prozess gegen Adolf Eichmann teilnahm und für den New Yorker (das Medium der Linken der Ostküste) berichten sollte. Die Artikel die für viel Aufregung sorgten erschienen später in dem Band "Eichmann in Jerusalem - Ein Bericht über die Banalität des Bösen".
Rein filmisch gesehen ist der Film pures Mittelmaß. Weder von der Regie noch vom Drehbuch sollte man zu viel erwarten. Doch das ist bei so einem Film vielleicht auch nicht das Ausschlaggebende. Doch auch in der Darstellung Arendts Denken kann er keineswegs überzeugen. Auch wenn Babara Sukowa ihre Rolle als Arendt recht gut spielt, so sind alle anderen Darsteller wenig überzeugend. Vor allem die Liebeleien zwischen Arendt und ihrem Mann Heinrich Blücher (gespielt von Axel Milberg) regen eher zum Schmunzeln, als zum Mitfühlen an.
Spannung kommt erst richtig auf, wenn der Prozess gegen Eichmann beginnt, und Originalszenen des Prozesses gezeigt werden. Doch diese Spannung verfliegt so schnell wieder, wie sie gekommen ist. Der Film schafft es nicht die nötige Distanz aufzubauen, um die Widersprüche, die Hannah Arendt prägten darzustellen. Er ist schlicht zu parteiisch. Während Arendt ihre Argumente ausführen kann, werden ihre Gegenspieler wie Hans Jonas oder Kurt Blumenfeld als sture, streitsüchtige Kinder dargestellt. Die Amerikaner sogar als arrogante, uninteressierte Intellektuelle. Es wird viel Zeit darauf verwendet, Arendt beim Rauchen darzustellen. Hier wird eine semiotische Ebene deutlich: Das glimmen der Zigarette spiegelt Arendts anhaltende Denkbewegung wieder. Auffällig dabei ist, dass nur eine Seite raucht (also denkt), nämlich Arendt, ihr Mann, ihre Studenten.
Auch Arendts Beziehung zu Heidegger wird thematisiert, ohne aber wirklich Aufschluss zu geben, was diese beiden Denker füreinander so anziehend gemacht hat. Heidegger wird dabei als typisch deutscher Philosophieprofessor dargestellt, der langsam und stark artikulierend Platitüden von sich gibt, wie: "Wir leben weil wir lebendig sind, wir denken weil wir denkende Wesen sind." Was Hannah Arendt an Heidegger so anregend fand, kann so nicht deutlich werden. Gekrönt wird das Ganze wenn Heidagger vor Arendt nieder kniet, und seinen Kopf in ihre Schoß fallen lässt. Man kann sich der aufkommenden Übelkeit kaum verwehren.
Das Fazit des Films ist: Eichmann war nicht fähig zu denken. Was das nun eigentlich heißen soll, weiß man nicht so genau. Sowohl Heidegger als auch Arendt reiten den gesamten Film über auf dem Begriff des Denkens herum. Als Arendt ihrer Assistentin Lotte vorliest, dass Eichmann keine "teuflisch-dämonische Tiefe" besäße, sondern "unfähig zu denken" sei, quittiert diese es mit einem "Das ist großartig". Auch der Redakteur des New Yorker findet diese Einsicht äußerst originell. Das soll also die große Erkenntnis der Hannah Arendt über die "Banalität des Bösen" sein? Wer bereits einmal etwas von Arendt gelesen hat, merkt schnell, dass das den komplexen Gedanken einer Hannah Arendt nicht gerecht wird.
Margarethe von Trotta sollte hier noch einmal Nachhilfe nehmen. Was Arendt beschreibt, ist das Phänomen, dass Nobodies
wie Eichmann, total durchschnittliche Menschen, extrem Böses verrichten können. Wie ist das möglich? Natürlich Eichmann war nicht fähig zu denken, aber was heißt das nun überhaupt laut Arendt? Eichmann war nicht fähig zu Urteilen, Richtig von Falsch zu unterscheiden, weil er ein Solipsist war. Er war nicht fähig, sich in die Lage eines anderen Menschen zu versetzen. Alles was es für ihn gab, war er und seine Befehle, die er auszuführen hatte. In diesem Sinne kommt der Film einem Punkt nahe, den er eigentlich nicht verdeutlichen sollte: Wer genauso ein Solipsist wie Eichmann war, war Heidegger, dem in seiner Philosophie jegliches politisches Element fehlt. Das dürfte ein Punkt unter vielen sein, der dazu führte, dass Heidegger überzeugt war, die Nazis bringen das Sein wieder in die Welt.
Alles in allem ist der Film für jemanden der Hannah Arendts, zugegebenermaßen teilweise widersprüchliches und dunkles Denken kennt, eine Zumutung. Der Film wird dieser Zerrissenen Figur der Hannah Arendt nicht gerecht und erst recht nicht ihrem Denken. Punkten können die Originalszenen des Eichmann-Prozesses und die Darstellung des Milleus der New Yorker New School of Social Research. Der Film würde Arendt mehr als verärgern, denn er unterdrückt jegliches Selbstdenken von Beginn an.
Wertung: 5/10
Insbesondere geht es um die Zeit zwischen 1960 und 1964, in der Hannah Arendt am Prozess gegen Adolf Eichmann teilnahm und für den New Yorker (das Medium der Linken der Ostküste) berichten sollte. Die Artikel die für viel Aufregung sorgten erschienen später in dem Band "Eichmann in Jerusalem - Ein Bericht über die Banalität des Bösen".
Rein filmisch gesehen ist der Film pures Mittelmaß. Weder von der Regie noch vom Drehbuch sollte man zu viel erwarten. Doch das ist bei so einem Film vielleicht auch nicht das Ausschlaggebende. Doch auch in der Darstellung Arendts Denken kann er keineswegs überzeugen. Auch wenn Babara Sukowa ihre Rolle als Arendt recht gut spielt, so sind alle anderen Darsteller wenig überzeugend. Vor allem die Liebeleien zwischen Arendt und ihrem Mann Heinrich Blücher (gespielt von Axel Milberg) regen eher zum Schmunzeln, als zum Mitfühlen an.
Spannung kommt erst richtig auf, wenn der Prozess gegen Eichmann beginnt, und Originalszenen des Prozesses gezeigt werden. Doch diese Spannung verfliegt so schnell wieder, wie sie gekommen ist. Der Film schafft es nicht die nötige Distanz aufzubauen, um die Widersprüche, die Hannah Arendt prägten darzustellen. Er ist schlicht zu parteiisch. Während Arendt ihre Argumente ausführen kann, werden ihre Gegenspieler wie Hans Jonas oder Kurt Blumenfeld als sture, streitsüchtige Kinder dargestellt. Die Amerikaner sogar als arrogante, uninteressierte Intellektuelle. Es wird viel Zeit darauf verwendet, Arendt beim Rauchen darzustellen. Hier wird eine semiotische Ebene deutlich: Das glimmen der Zigarette spiegelt Arendts anhaltende Denkbewegung wieder. Auffällig dabei ist, dass nur eine Seite raucht (also denkt), nämlich Arendt, ihr Mann, ihre Studenten.
Auch Arendts Beziehung zu Heidegger wird thematisiert, ohne aber wirklich Aufschluss zu geben, was diese beiden Denker füreinander so anziehend gemacht hat. Heidegger wird dabei als typisch deutscher Philosophieprofessor dargestellt, der langsam und stark artikulierend Platitüden von sich gibt, wie: "Wir leben weil wir lebendig sind, wir denken weil wir denkende Wesen sind." Was Hannah Arendt an Heidegger so anregend fand, kann so nicht deutlich werden. Gekrönt wird das Ganze wenn Heidagger vor Arendt nieder kniet, und seinen Kopf in ihre Schoß fallen lässt. Man kann sich der aufkommenden Übelkeit kaum verwehren.
Das Fazit des Films ist: Eichmann war nicht fähig zu denken. Was das nun eigentlich heißen soll, weiß man nicht so genau. Sowohl Heidegger als auch Arendt reiten den gesamten Film über auf dem Begriff des Denkens herum. Als Arendt ihrer Assistentin Lotte vorliest, dass Eichmann keine "teuflisch-dämonische Tiefe" besäße, sondern "unfähig zu denken" sei, quittiert diese es mit einem "Das ist großartig". Auch der Redakteur des New Yorker findet diese Einsicht äußerst originell. Das soll also die große Erkenntnis der Hannah Arendt über die "Banalität des Bösen" sein? Wer bereits einmal etwas von Arendt gelesen hat, merkt schnell, dass das den komplexen Gedanken einer Hannah Arendt nicht gerecht wird.
Margarethe von Trotta sollte hier noch einmal Nachhilfe nehmen. Was Arendt beschreibt, ist das Phänomen, dass Nobodies
wie Eichmann, total durchschnittliche Menschen, extrem Böses verrichten können. Wie ist das möglich? Natürlich Eichmann war nicht fähig zu denken, aber was heißt das nun überhaupt laut Arendt? Eichmann war nicht fähig zu Urteilen, Richtig von Falsch zu unterscheiden, weil er ein Solipsist war. Er war nicht fähig, sich in die Lage eines anderen Menschen zu versetzen. Alles was es für ihn gab, war er und seine Befehle, die er auszuführen hatte. In diesem Sinne kommt der Film einem Punkt nahe, den er eigentlich nicht verdeutlichen sollte: Wer genauso ein Solipsist wie Eichmann war, war Heidegger, dem in seiner Philosophie jegliches politisches Element fehlt. Das dürfte ein Punkt unter vielen sein, der dazu führte, dass Heidegger überzeugt war, die Nazis bringen das Sein wieder in die Welt.
Alles in allem ist der Film für jemanden der Hannah Arendts, zugegebenermaßen teilweise widersprüchliches und dunkles Denken kennt, eine Zumutung. Der Film wird dieser Zerrissenen Figur der Hannah Arendt nicht gerecht und erst recht nicht ihrem Denken. Punkten können die Originalszenen des Eichmann-Prozesses und die Darstellung des Milleus der New Yorker New School of Social Research. Der Film würde Arendt mehr als verärgern, denn er unterdrückt jegliches Selbstdenken von Beginn an.
Wertung: 5/10
Philosoph Badiou über die Finanzkrise
Kein Philosoph ist so Bedingungslos in seinem Denken wie Alain Badiou. Erst spät wurde er als ernstzunehmender Philosoph wahrgenommen. Doch mittlerweile gilt er als einer der einflussreichsten radikalen Denkern. Er vertritt die marxistische Theorie mit seiner eigenen ausführlichen Revision, die eine Ontologie und einen Begriff des Ereignisses bietet, die Veränderungen denken lässt.
Seine Analyse der Finanzkrise ist mehr als lesenswert: "Totaler Bruch mit dem Kapital-Parlamentarismus, nah am Realen der Völker erfundene Politik, Souveränität der Idee: alles ist da, das uns vom Krisenfilm freimacht und uns der Fusion lebendigen Denkens und organisierter Aktion übergibt."
Siehe: Philosoph Badiou über die Finanzkrise
Seine Analyse der Finanzkrise ist mehr als lesenswert: "Totaler Bruch mit dem Kapital-Parlamentarismus, nah am Realen der Völker erfundene Politik, Souveränität der Idee: alles ist da, das uns vom Krisenfilm freimacht und uns der Fusion lebendigen Denkens und organisierter Aktion übergibt."
Siehe: Philosoph Badiou über die Finanzkrise
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Kommentar zum Landesparteitag DIE LINKE Thüringen in Suhl
Am Wochenende fand der Landesparteitag der Thüringer LINKEN in Suhl statt. Statt über den viel diskutierten Generationswechsel in der Führung zu reden, geht es mir vor allem darum, welche ideologischen und theoretischen Standpunkte im offiziellen Diskurs der Partei deutlich wurden.
Zuerst das Positive: Das globale Problem mit dem wir Konfrontiert werden, wird endlich wieder klar benannt. Es heißt Kapitalismus. Endlich ist es gelungen den hegemoniellen, neoliberalen Diskurs vom Kapitalismus, als beste aller möglichen Welten und „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama) zu verändern. Das kapitalistische System hat sich weiterentwickelt, allerdings nichts an seiner strukturellen Krisenhaftigkeit eingebüßt. Somit muss eine linke Partei darauf bestehen, eine Alternative anzubieten. Auch der Anspruch eine Bewegungspartei zu sein, d.h. tief in sozialen Bewegungen verwurzelt zu sein, um gesamtgesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, was wiederum nicht nur durch Parlamentarismus alleine möglich ist, wird betont. In aktuellen politischen Konstellationen ist der Spielraum der parlamentarischen Parteien eher gering einzuschätzen, umso wichtiger ist die Organisation des Widerstandes außerhalb der Parlamente. Es gilt ein Problembewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, dass sich nicht auf Moralisierung beschränkt, sondern auf die strukturellen Defizite des Systems hinweist. Daher muss sich die DIE LINKE als der parlamentarische Arm einer breit aufgestellten linken, emanzipatorischen Bewegung sehen. Besonders Bernd Riexinger scheint hier richtig eingestellt zu sein. Seine Rede hat auf jeden Fall überzeugt.
Doch es gibt auch einige Entwicklungen, die äußerst bedenklich sind. Nach der zumindest verbalen Öffnung der SPD zur LINKEN, wird gesagt, dass es gut sei, dass die SPD endlich begriffen habe, dass DIE LINKE eine ganz normale Partei sei. Solche Zugeständnisse würden DIE LINKE aber überflüssig machen. Die Sonderstellung der Partei liegt eben genau daran, keine „ganz normale“ Partei des bürgerlichen Spektrums zu sein, sondern eine Sozialistische Partei, für die das kapitalistische System nicht das Ende der weltgeschichtlichen Entwicklung ist. Eine linke Partei sollte vielmehr mit dem Anspruch auftreten, eben nicht eine bessere Sozialdemokratie zu sein, sich eben nicht auf Kompromisse mit Kapitallogik und bürgerlicher Ideologie einzulassen. Sie muss darauf bestehen eine Alternative anzubieten, wie auch immer man sie nennt. Im Moment spricht man vom demokratischen Sozialismus. Wenn das mehr sein soll, als soziale Marktwirtschaft, die im Großen und Ganzen ein Konstrukt der bürgerlichen Ideologie ist, die davon ausgeht, strukturelle Defizite des Marktes innerhalb der Marktlogik zu beheben, dann sollte man darüber nachdenken, die kommunistische Hypothese wieder in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört zu sagen, dass es strukturelle Veränderungen, weg von Lohnarbeit und Kapitallogik braucht, um in einer freien Gesellschaft zu leben. Man verstehe mich nicht falsch: Der Kommunismus des 20. Jahrhunderts ist kläglich gescheitert, aber das heißt nicht, dass sein radikal, emanzipatorische Gehalt aufgegeben werden muss. Daher gilt es jetzt, wo man es geschafft hat, den hegemoniellen Diskurs über das „K-Wort“ Kapitalismus, weg vom „Ende der Geschichte“, hin zu einem globalen Problem das einer Lösung bedarf, auch sein Gegenpart, das „K-Wort“ Kommunismus wieder neu zu besetzen. Weg von der ideologisch-bürgerlichen Vorstellung des Kommunismus als totalitärer Staat und Gulag, wieder hin zu einem radikalen, emanzipatorischen Projekt. Doch dazu darf man keine Angst haben, das Wort in den Mund zu nehmen.
Ein weiterer Punkt ist die vorschnelle Betonung des Handelns über das Denken und Sprechen. Immer wieder wurde betont, man wolle nun endlich aufhören zu reden und anfangen zu handeln. Ein Sprecher zitierte Rosa Luxemburg sinngerecht: „Handeln ist verdammt nochmal meine Pflicht!“ Man sollte sich im Klaren sein, woher so ein Diskurs rührt. Die die uns predigen, dass wir endlich aufhören sollten nachzudenken und zu reden, uns realistische Forderungen suchen und handeln sollten, sind bürgerliche Pseudo-Humanisten wie Bill Gates. „«Lasst uns etwas tun» bedeutet «lasst uns nicht nachdenken»“ (Slavoj Zizek) Man sollte jedoch darauf achten, dass sich die Linke seit mehreren Jahrzehnten in einem theoretischen Defizit befindet. Die Linke befindet sich international gesehen im Status der Blindheit, da es keine klaren Vorstellungen davon gibt, wie das kapitalistische System wirklich überwunden werden kann. Daraus folgt ein einfacher Pragmatismus der sich an Forderungen orientiert, die irgendwie Schadensverminderung leisten sollen. Doch dies kann nicht der letzte Anspruch einer linken Partei sein. Es geht vielmehr darum, erneut rücksichtslose Analysen anzustellen und daraus Forderungen zu entwickeln, die das System ins Herz treffen und systematische, emanzipatorische Wirkung entfalten. (Zum Beispiel die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, die die Lohnarbeitslogik untergraben würde.) Daher plädiere ich für mehr Dogmatismus. Und auch hier nicht im Sinne: „Zurück zum klassischen Marxismus-Leninismus oder Stalinismus!“, sondern im Sinne, dass es grundlegende Einsichten gibt, die in einer linken Partei nicht zur Debatte stehen können. Dazu gehört, dass eine freie Gesellschaft nur durch die Überwindung des Kapitalismus möglich ist. Daher sollte DIE LINKE genau das tun, was sie bisher prima geschafft hat, nämlich den hegemonialen Diskurs nach links verschieben. Jetzt wo selbst eine CDU in gewisser Weise vom Mindestlohn sprechen kann, ohne einen Aufschrei bei ihre Mitgliedern hervorzurufen, kommt es darauf an, nicht an dieser Schwelle halt zu machen. DIE LINKE muss ihr Alleinstellungsmerkmal als einzige Alternative zum bestehenden System aufrechterhalten, indem sie nach neuen Forderungen sucht, die auch wirklich eine Alternative darstellen, ansonsten wird das Feld weiterhin von Rechtspopulisten in Anspruch genommen. Daher gilt es dem ideologischen Ruf nach sofortigem Handeln zu widerstehen. Zum Schluss kann ich nur Slavoj Zizek aus einem Interview zitieren, weil ich es selbst nicht besser ausdrücken könnte:
„Aber wir befinden uns in der tragischen Situation, dass wir kein Rezept haben. Wir wissen es ganz einfach nicht. Als Philosoph kann ich nur zeigen, welche Fragen falsch gestellt werden. Ich habe keine Antworten, ich bluffe nur. Aber manchmal ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen.
Bisher lautete die marxistische These: Philosophen haben die Welt nur interpretiert, wir müssen sie ändern. Vielleicht sollte unser Motto im 21. Jahrhundert sein: Wir haben zu oft versucht, die Welt zu ändern. Jetzt ist es Zeit, sie zu interpretieren.“
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