Kommentar zum Landesparteitag DIE LINKE Thüringen in Suhl
Am Wochenende fand der Landesparteitag der Thüringer LINKEN in Suhl statt. Statt über den viel diskutierten Generationswechsel in der Führung zu reden, geht es mir vor allem darum, welche ideologischen und theoretischen Standpunkte im offiziellen Diskurs der Partei deutlich wurden.
Zuerst das Positive: Das globale Problem mit dem wir Konfrontiert werden, wird endlich wieder klar benannt. Es heißt Kapitalismus. Endlich ist es gelungen den hegemoniellen, neoliberalen Diskurs vom Kapitalismus, als beste aller möglichen Welten und „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama) zu verändern. Das kapitalistische System hat sich weiterentwickelt, allerdings nichts an seiner strukturellen Krisenhaftigkeit eingebüßt. Somit muss eine linke Partei darauf bestehen, eine Alternative anzubieten. Auch der Anspruch eine Bewegungspartei zu sein, d.h. tief in sozialen Bewegungen verwurzelt zu sein, um gesamtgesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, was wiederum nicht nur durch Parlamentarismus alleine möglich ist, wird betont. In aktuellen politischen Konstellationen ist der Spielraum der parlamentarischen Parteien eher gering einzuschätzen, umso wichtiger ist die Organisation des Widerstandes außerhalb der Parlamente. Es gilt ein Problembewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, dass sich nicht auf Moralisierung beschränkt, sondern auf die strukturellen Defizite des Systems hinweist. Daher muss sich die DIE LINKE als der parlamentarische Arm einer breit aufgestellten linken, emanzipatorischen Bewegung sehen. Besonders Bernd Riexinger scheint hier richtig eingestellt zu sein. Seine Rede hat auf jeden Fall überzeugt.
Doch es gibt auch einige Entwicklungen, die äußerst bedenklich sind. Nach der zumindest verbalen Öffnung der SPD zur LINKEN, wird gesagt, dass es gut sei, dass die SPD endlich begriffen habe, dass DIE LINKE eine ganz normale Partei sei. Solche Zugeständnisse würden DIE LINKE aber überflüssig machen. Die Sonderstellung der Partei liegt eben genau daran, keine „ganz normale“ Partei des bürgerlichen Spektrums zu sein, sondern eine Sozialistische Partei, für die das kapitalistische System nicht das Ende der weltgeschichtlichen Entwicklung ist. Eine linke Partei sollte vielmehr mit dem Anspruch auftreten, eben nicht eine bessere Sozialdemokratie zu sein, sich eben nicht auf Kompromisse mit Kapitallogik und bürgerlicher Ideologie einzulassen. Sie muss darauf bestehen eine Alternative anzubieten, wie auch immer man sie nennt. Im Moment spricht man vom demokratischen Sozialismus. Wenn das mehr sein soll, als soziale Marktwirtschaft, die im Großen und Ganzen ein Konstrukt der bürgerlichen Ideologie ist, die davon ausgeht, strukturelle Defizite des Marktes innerhalb der Marktlogik zu beheben, dann sollte man darüber nachdenken, die kommunistische Hypothese wieder in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört zu sagen, dass es strukturelle Veränderungen, weg von Lohnarbeit und Kapitallogik braucht, um in einer freien Gesellschaft zu leben. Man verstehe mich nicht falsch: Der Kommunismus des 20. Jahrhunderts ist kläglich gescheitert, aber das heißt nicht, dass sein radikal, emanzipatorische Gehalt aufgegeben werden muss. Daher gilt es jetzt, wo man es geschafft hat, den hegemoniellen Diskurs über das „K-Wort“ Kapitalismus, weg vom „Ende der Geschichte“, hin zu einem globalen Problem das einer Lösung bedarf, auch sein Gegenpart, das „K-Wort“ Kommunismus wieder neu zu besetzen. Weg von der ideologisch-bürgerlichen Vorstellung des Kommunismus als totalitärer Staat und Gulag, wieder hin zu einem radikalen, emanzipatorischen Projekt. Doch dazu darf man keine Angst haben, das Wort in den Mund zu nehmen.
Ein weiterer Punkt ist die vorschnelle Betonung des Handelns über das Denken und Sprechen. Immer wieder wurde betont, man wolle nun endlich aufhören zu reden und anfangen zu handeln. Ein Sprecher zitierte Rosa Luxemburg sinngerecht: „Handeln ist verdammt nochmal meine Pflicht!“ Man sollte sich im Klaren sein, woher so ein Diskurs rührt. Die die uns predigen, dass wir endlich aufhören sollten nachzudenken und zu reden, uns realistische Forderungen suchen und handeln sollten, sind bürgerliche Pseudo-Humanisten wie Bill Gates. „«Lasst uns etwas tun» bedeutet «lasst uns nicht nachdenken»“ (Slavoj Zizek) Man sollte jedoch darauf achten, dass sich die Linke seit mehreren Jahrzehnten in einem theoretischen Defizit befindet. Die Linke befindet sich international gesehen im Status der Blindheit, da es keine klaren Vorstellungen davon gibt, wie das kapitalistische System wirklich überwunden werden kann. Daraus folgt ein einfacher Pragmatismus der sich an Forderungen orientiert, die irgendwie Schadensverminderung leisten sollen. Doch dies kann nicht der letzte Anspruch einer linken Partei sein. Es geht vielmehr darum, erneut rücksichtslose Analysen anzustellen und daraus Forderungen zu entwickeln, die das System ins Herz treffen und systematische, emanzipatorische Wirkung entfalten. (Zum Beispiel die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, die die Lohnarbeitslogik untergraben würde.) Daher plädiere ich für mehr Dogmatismus. Und auch hier nicht im Sinne: „Zurück zum klassischen Marxismus-Leninismus oder Stalinismus!“, sondern im Sinne, dass es grundlegende Einsichten gibt, die in einer linken Partei nicht zur Debatte stehen können. Dazu gehört, dass eine freie Gesellschaft nur durch die Überwindung des Kapitalismus möglich ist. Daher sollte DIE LINKE genau das tun, was sie bisher prima geschafft hat, nämlich den hegemonialen Diskurs nach links verschieben. Jetzt wo selbst eine CDU in gewisser Weise vom Mindestlohn sprechen kann, ohne einen Aufschrei bei ihre Mitgliedern hervorzurufen, kommt es darauf an, nicht an dieser Schwelle halt zu machen. DIE LINKE muss ihr Alleinstellungsmerkmal als einzige Alternative zum bestehenden System aufrechterhalten, indem sie nach neuen Forderungen sucht, die auch wirklich eine Alternative darstellen, ansonsten wird das Feld weiterhin von Rechtspopulisten in Anspruch genommen. Daher gilt es dem ideologischen Ruf nach sofortigem Handeln zu widerstehen. Zum Schluss kann ich nur Slavoj Zizek aus einem Interview zitieren, weil ich es selbst nicht besser ausdrücken könnte:
„Aber wir befinden uns in der tragischen Situation, dass wir kein Rezept haben. Wir wissen es ganz einfach nicht. Als Philosoph kann ich nur zeigen, welche Fragen falsch gestellt werden. Ich habe keine Antworten, ich bluffe nur. Aber manchmal ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen.
Bisher lautete die marxistische These: Philosophen haben die Welt nur interpretiert, wir müssen sie ändern. Vielleicht sollte unser Motto im 21. Jahrhundert sein: Wir haben zu oft versucht, die Welt zu ändern. Jetzt ist es Zeit, sie zu interpretieren.“
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Raul Zelik: "Von Konstellationen und Hegemonie - Linksregierungen versus Emanzipation?"
Sehr guter Beitrag von Raul Zelik, zum Verhältnis von linker, parlamentarischer Politik und emanzipatorischen Bewegungen. Er analysiert, warum Linksregierungen oft vom Herrschaftssystem assimiliert werden und dadurch emanzipatorische Politik verhindert wird.
Zur Lösung schlägt er eine veränderte Perspektive vor, die sich auf Poulantzas und Deleuze/Guattari beruft. Damit will er ausbrechen, aus dem klassischen Dichotomiedenken, des dialektischen Marxismus.
Raul Zelik: "Von Konstellationen und Hegemonie - Linksregierungen versus Emanzipation?"
Zur Lösung schlägt er eine veränderte Perspektive vor, die sich auf Poulantzas und Deleuze/Guattari beruft. Damit will er ausbrechen, aus dem klassischen Dichotomiedenken, des dialektischen Marxismus.
Raul Zelik: "Von Konstellationen und Hegemonie - Linksregierungen versus Emanzipation?"
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Saul Kripke: Name und Notwendigkeit - Teil 3 Die Bündeltheorie der Namen
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Klar zu sein scheint allerdings, dass uns (b) Informationen liefert, die uns (a) nicht liefert. Doch was für Informationen? Nehmen wir an, sowohl (a) und (b) geben uns Informationen über den Gebrauch bestimmter Symbole in unserem Sprachsystem. „Tullius = Cicero“ liefert uns die Information, dass in unserer Sprache die beiden Namen synonym verwendet werden können. Somit sind sowohl (a) als auch (b) analytisch, weil ihre Wahrheit sich allein aus unseren sprachlichen Regeln ergeben. Klar ist allerdings auch, dass es Identitätsaussagen mit Eigennamen gibt, die synthetisch sind. (Wer zum Beispiel behauptet, dass Shakespeare Bacon ist, der kann das nicht aus irgendwelchen linguistischen Regeln ableiten, sondern muss Beweise erbringen. Er macht also keine Aussage über unser Sprachsystem sondern über die Welt.) Identitätsaussagen mit Eigennamen können also sowohl analytisch, als auch synthetisch sein.
Doch haben Eigennamen nun einen Sinn? Und wie muss man sich diesen Sinn vorstellen, damit die oben gezeigte Möglichkeit von analytischen und synthetischen Identitätsaussagen möglich ist? Searle betrachtet hierbei, wie wir einen Eigennamen lernen. Jemand beizubringen, was ein Stuhl ist, kann auf zwei Möglichkeiten geschehen:
Genau diese Eigenschaften, so Searle, sind der Sinn eines Begriffs.
Das erinnert an Frege, der ja behauptete, was einen Namen mit seinem Referenten verbindet, ist ein Sinn, welcher eine Beschreibung ist, die nur auf diesen Gegenstand zutrifft. Auch Searle sagt, dass jeder Name einen Sinn haben muss, der bestimmte Eigenschaften des Gegenstandes herausgreift, die nur auf diesen Gegenstand zutreffen. Ein Name kann natürlich einen Sinn haben, allerdings auf nichts referieren. Nehmen wir das bekannte Beispiel des Phlogistons. Man dachte früher Wärme würde durch einen Stoff namens Phlogistons übertragen. Dies wurde von der Theorie der Thermodynamik schließlich widerlegt. So einen Stoff gab es nie und trotzdem konnte man mit der Phlogistontheorie gute Vorhersagen treffen und der Name „Phlogiston“ hatte einen Sinn, weil er mit einer Beschreibung in Verbindung gebracht werden konnte, jedoch war er „leer“ weil diese Beschreibung, wie sich herausstellte, auf nichts in der Welt zutraf.
Nun haben wir aber ein Problem und Searle nimmt hier schon ein Argument Kripkes vorweg, ohne es bis zum Schluss zu durchdenken. Nehmen wir an der Name „Aristoteles“ referiert durch den Sinn „der Lehrer Alexanders“. Es könnte sich herausstellen, dass all unser Wissen über Aristoteles falsch ist. Aristoteles hat nie irgendjemanden gelehrt, die Bücher die wir ihm zuschreiben sind eigentlich von jemand anders geschrieben wurden etc. Heißt das, dass Aristoteles nie existiert hat? Intuitiv würden wir sagen: Nein, nur die gewählte Beschreibung trifft nicht auf ihn zu. Doch wie können wir nun überhaupt die Referenz von „Aristoteles“ bestimmen? Jede Eigenschaft die wir herauspicken. ist nur eine kontingente Eigenschaft (also eine Eigenschaft, die auch nicht hätte zutreffen können) Aristoteles'. Und trotzdem scheint der Name auf ein bestimmtes Individuum in unserer Geschichte zu referieren.
Searles Antwort: Nun ja, es ist nicht nur eine Beschreibung einer Eigenschaft (was auch noch zu viele anderen merkwürdigen Konsequenzen führen würde, z.B. dass sich die Bedeutung eines Names jedes mal ändert, wenn sich der Gegenstand in der benannten Eigenschaft ändert etc.), sondern ein ganzes Bündel. Der Sinn eines Namens, durch den er also referiert, ist ein Bündel von Eigenschaften, die dieses Objekt haben muss, damit der Name auf es referiert. Ein Bündel für Aristoteles könnte also sein: „der Mann der in Stagira geboren ist, die nikomachische Ethik geschrieben hat, Schüler von Platon war, Alexander den großen gelehrt hat,...“ Also eine ausreichende aber unbestimmte Anzahl von Aussagen, die wahr über das Objekt sein müssen. Auch wenn Aristoteles nicht der Lehrer von Alexander war, können wir, wenn die anderen Aussagen zutreffen, wissen, auf wen der Name „Aristoteles“ referiert.
Natürlich ist diese Theorie ein wenig schwammig; Wie viele Aussagen sind eine „ausreichende aber unbestimmte Anzahl von Aussagen“? Was wenn die Hälfte der Aussagen wahr und die andere Hälfte falsch ist? Ab wie viel falschen Aussagen trifft ein Name nicht mehr auf ein Objekt zu? Searle sagt, diese Lockerheit von Eigennamen ist gerade ihr Vorteil. Man kann auf ein Objekt referieren, ohne genaue Kriterien der Identität angeben zu müssen. Außerdem wird bei einer Beschreibung nur eine kontingente Eigenschaft herausgegriffen. Man Stelle sich vor, wir ersetzen den Namen „Aristoteles“ in unserer Sprache durch eine Beschreibung, weil uns die Lockerheit von Eigennamen stört. Wie sollte man noch eindeutig auf Aristoteles referieren? Immer wenn wir von Aristoteles sprechen, müssten wir eindeutige Identitätsbedingungen für ihn angeben. Das wäre äußerst kompliziert und nervig.
Somit sind wir nun bei der „Bündeltheorie der Eigennamen“ angelangt, die Kripke später kritisieren wird. Und zwar genau mit einem ähnlichen Argument wie Searle selbst benutzt hat. Eine Beschreibung pickt eine kontingente Eigenschaft eines Gegenstandes heraus und reicht damit nicht aus um eindeutige Identitätskriterien eines Gegenstandes anzugeben und somit auch nicht, um für eine eindeutige Referenz eines Namens zu sorgen. Doch auch ein Bündel von Eigenschaften greift jeweils nur verschiedene kontingente Eigenschaften heraus, die dem Gegenstand nicht zwingend zukommen müssen, heraus und schlägt deswegen ebenfalls fehl, genaue Bedingungen anzugeben, wann ein Name auf einen Gegenstand referiert. Das Problem hat sich quasi nur verschoben, von einer Beschreibung die kontingent ist, zu einem Bündel von Beschreibungen, das kontingent ist.
Auch John R. Searle geht in seinem
Aufsatz „Proper Names“ vom Problem der informativen Identität
aus. Also wie kann es sein, dass „a=a“ und „a=b“
verschiedenen Informationsgehalt (kognitiven Wert) haben. obwohl
sowohl a, als auch b auf dasselbe Objekt referieren. Ein Beispiel:
(a) „Tullius = Tullius“ ist offensichtlich analytisch, d.h. die
Wahrheit des Satzes, ergibt sich allein aus den Bedeutungen der
Wörter. (In diesem Falle ist es natürlich eine Tautologie)
(b)
„Tulluis = Cicero“ hingegen ist auf keinen Fall analytisch.
Jemand kann etwas über Tullius wissen, ohne dass er etwas über
Cicero weiß, bzw. ohne zu wissen, dass Tullius und Cicero ein und
dieselbe Person sind.
Ist (b) nun also ein synthetischer Satz, d.h.
ein Satz der sich nur durch Erfahrung als wahr erweisen kann? Wenn
dem so ist, dann müssen die beiden Begriffe verschiedene Sinne haben
und das erscheint unplausibel. Aber haben Eigennamen überhaupt so
etwas wie Sinne? (Wir geben z.B. im Regelfall keine Definitionen für
Eigennamen)
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John Searle |
Klar zu sein scheint allerdings, dass uns (b) Informationen liefert, die uns (a) nicht liefert. Doch was für Informationen? Nehmen wir an, sowohl (a) und (b) geben uns Informationen über den Gebrauch bestimmter Symbole in unserem Sprachsystem. „Tullius = Cicero“ liefert uns die Information, dass in unserer Sprache die beiden Namen synonym verwendet werden können. Somit sind sowohl (a) als auch (b) analytisch, weil ihre Wahrheit sich allein aus unseren sprachlichen Regeln ergeben. Klar ist allerdings auch, dass es Identitätsaussagen mit Eigennamen gibt, die synthetisch sind. (Wer zum Beispiel behauptet, dass Shakespeare Bacon ist, der kann das nicht aus irgendwelchen linguistischen Regeln ableiten, sondern muss Beweise erbringen. Er macht also keine Aussage über unser Sprachsystem sondern über die Welt.) Identitätsaussagen mit Eigennamen können also sowohl analytisch, als auch synthetisch sein.
Doch haben Eigennamen nun einen Sinn? Und wie muss man sich diesen Sinn vorstellen, damit die oben gezeigte Möglichkeit von analytischen und synthetischen Identitätsaussagen möglich ist? Searle betrachtet hierbei, wie wir einen Eigennamen lernen. Jemand beizubringen, was ein Stuhl ist, kann auf zwei Möglichkeiten geschehen:
(1) Ich zeige auf den Gegenstand und erwähne das
dazugehörige Wort. Also ich zeige auf einen Stuhl und sage: „Das
ist ein Stuhl. Sieh ihn dir genau an.“ Mein Gegenüber wird sich
bestimmte Eigenschaften merken, die er mit dem Wort „Stuhl“
verbindet und es ihm möglich machen, einen Stuhl von einem Tisch zu
unterscheiden.
(2) Ich kann meinem Gegenüber eine Beschreibung eines
Gegenstandes geben. Also ich sage ihm: „Also hör zu, ein Stuhl hat
vier Beine, eine Lehne und man kann darauf sitzen.“ Auch hier gebe
ich bestimmte Eigenschaften an, die dem Gegenstand zukommen und mit
deren Hilfe man ihn identifizieren kann.
Genau diese Eigenschaften, so Searle, sind der Sinn eines Begriffs.
Das erinnert an Frege, der ja behauptete, was einen Namen mit seinem Referenten verbindet, ist ein Sinn, welcher eine Beschreibung ist, die nur auf diesen Gegenstand zutrifft. Auch Searle sagt, dass jeder Name einen Sinn haben muss, der bestimmte Eigenschaften des Gegenstandes herausgreift, die nur auf diesen Gegenstand zutreffen. Ein Name kann natürlich einen Sinn haben, allerdings auf nichts referieren. Nehmen wir das bekannte Beispiel des Phlogistons. Man dachte früher Wärme würde durch einen Stoff namens Phlogistons übertragen. Dies wurde von der Theorie der Thermodynamik schließlich widerlegt. So einen Stoff gab es nie und trotzdem konnte man mit der Phlogistontheorie gute Vorhersagen treffen und der Name „Phlogiston“ hatte einen Sinn, weil er mit einer Beschreibung in Verbindung gebracht werden konnte, jedoch war er „leer“ weil diese Beschreibung, wie sich herausstellte, auf nichts in der Welt zutraf.
Nun haben wir aber ein Problem und Searle nimmt hier schon ein Argument Kripkes vorweg, ohne es bis zum Schluss zu durchdenken. Nehmen wir an der Name „Aristoteles“ referiert durch den Sinn „der Lehrer Alexanders“. Es könnte sich herausstellen, dass all unser Wissen über Aristoteles falsch ist. Aristoteles hat nie irgendjemanden gelehrt, die Bücher die wir ihm zuschreiben sind eigentlich von jemand anders geschrieben wurden etc. Heißt das, dass Aristoteles nie existiert hat? Intuitiv würden wir sagen: Nein, nur die gewählte Beschreibung trifft nicht auf ihn zu. Doch wie können wir nun überhaupt die Referenz von „Aristoteles“ bestimmen? Jede Eigenschaft die wir herauspicken. ist nur eine kontingente Eigenschaft (also eine Eigenschaft, die auch nicht hätte zutreffen können) Aristoteles'. Und trotzdem scheint der Name auf ein bestimmtes Individuum in unserer Geschichte zu referieren.
Searles Antwort: Nun ja, es ist nicht nur eine Beschreibung einer Eigenschaft (was auch noch zu viele anderen merkwürdigen Konsequenzen führen würde, z.B. dass sich die Bedeutung eines Names jedes mal ändert, wenn sich der Gegenstand in der benannten Eigenschaft ändert etc.), sondern ein ganzes Bündel. Der Sinn eines Namens, durch den er also referiert, ist ein Bündel von Eigenschaften, die dieses Objekt haben muss, damit der Name auf es referiert. Ein Bündel für Aristoteles könnte also sein: „der Mann der in Stagira geboren ist, die nikomachische Ethik geschrieben hat, Schüler von Platon war, Alexander den großen gelehrt hat,...“ Also eine ausreichende aber unbestimmte Anzahl von Aussagen, die wahr über das Objekt sein müssen. Auch wenn Aristoteles nicht der Lehrer von Alexander war, können wir, wenn die anderen Aussagen zutreffen, wissen, auf wen der Name „Aristoteles“ referiert.
Natürlich ist diese Theorie ein wenig schwammig; Wie viele Aussagen sind eine „ausreichende aber unbestimmte Anzahl von Aussagen“? Was wenn die Hälfte der Aussagen wahr und die andere Hälfte falsch ist? Ab wie viel falschen Aussagen trifft ein Name nicht mehr auf ein Objekt zu? Searle sagt, diese Lockerheit von Eigennamen ist gerade ihr Vorteil. Man kann auf ein Objekt referieren, ohne genaue Kriterien der Identität angeben zu müssen. Außerdem wird bei einer Beschreibung nur eine kontingente Eigenschaft herausgegriffen. Man Stelle sich vor, wir ersetzen den Namen „Aristoteles“ in unserer Sprache durch eine Beschreibung, weil uns die Lockerheit von Eigennamen stört. Wie sollte man noch eindeutig auf Aristoteles referieren? Immer wenn wir von Aristoteles sprechen, müssten wir eindeutige Identitätsbedingungen für ihn angeben. Das wäre äußerst kompliziert und nervig.
Somit sind wir nun bei der „Bündeltheorie der Eigennamen“ angelangt, die Kripke später kritisieren wird. Und zwar genau mit einem ähnlichen Argument wie Searle selbst benutzt hat. Eine Beschreibung pickt eine kontingente Eigenschaft eines Gegenstandes heraus und reicht damit nicht aus um eindeutige Identitätskriterien eines Gegenstandes anzugeben und somit auch nicht, um für eine eindeutige Referenz eines Namens zu sorgen. Doch auch ein Bündel von Eigenschaften greift jeweils nur verschiedene kontingente Eigenschaften heraus, die dem Gegenstand nicht zwingend zukommen müssen, heraus und schlägt deswegen ebenfalls fehl, genaue Bedingungen anzugeben, wann ein Name auf einen Gegenstand referiert. Das Problem hat sich quasi nur verschoben, von einer Beschreibung die kontingent ist, zu einem Bündel von Beschreibungen, das kontingent ist.
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Zu Ehren Eric Hobsbawms

"Umgekehrt verstärkte die Emigration von "Dissidenten" aus sozialistischen Ländern die alte Versuchung, Marx und Marxismus ausschließlich mit solchen Regimen und insbesondere mit der UdSSR gleichzusetzen. Sie hatte eins dazu gedient, jeden aus der marxistischen Gemeinschaft auszuschließen, der nicht alles, was aus Moskau kam, vollständig und kritiklos unterstützte. Nun bedienten sich dieser Gleichsetzung diejenigen, die alles von Marx rundheraus ablehnten, indem sie behaupteten, der einzige Weg, den das Kommunistische Manifest ebne oder ebnen könne, sei derjenige, der in den Gulags von Stalins Russland oder in den Arbeitslagern in irgendeinem anderen von Marx-Schülern regierten Staat ende. Psychologisch verständlich war diese Reaktion bei desillusionierten Kommunisten, die ihren "Gott, der keiner war" betrachteten. Noch verständlicher war sie bei intellektuellen Dissidenten in uns aus sozialistischen Ländern, deren Ablehnung von allem, was mit diesen Regiemen zu tun hatte, total war - angefangen mit dem Denker, auf den sich diese Regime beriefen. Intellektuell ist das ungefähr so zwingend wie die These, das Christentum führe logischerweise und zwangsläufig stets zum päpstlichen Absolutismus oder der gesamte Darwinismus zur Glorifizierung des freien kapitalistischen Wettbewerbs."
Dan Dennett über unser Bewusstsein
Dan Dennett spricht darüber, dass wir vieles über unser Bewusstsein nicht wissen und es mehr Theorie braucht, um es zu verstehen. Sehr unterhaltend, mit deutschen Untertitel.
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Lacan zum Frühstück (Teil 1) - Das Imaginäre
Jacques Lacan (1901 - 81) ist wahrscheinlich der bedeutendste Psychoanalytiker nach Freud. Über 50% heutzutage sind lacansche Analysten und sein Einfluss reicht weit über die Psychoanalyse hinaus, in die Philosophy, Literatur- und Filmtheorie und Feminismus. Lacans "Rückkehr zu Freud" und die Überarbeitung der freudschen Theorie des Unbewussten in den 1950ern erneuerten das kritische Potential der Psychoanalyse. Seine Texte gelten als kompliziert und an vielen Stellen Dunkel und doch erreicht er es, das auszudrücken, was sich in Sprache nicht ausdrücken lässt. Lacan stand immer allem kritisch Gegenüber und seine Neuerungen stießen nicht immer auf offene Ohren. Deswegen polarisiert Lacan bis heute; die einen lieben ihn, die anderen halten ihn für einen Spinner.
Das Imaginäre
Lacans erste große Erneuerung war die Idee des Imaginären. In seinem Artikel "Das Spiegelstadiom" beschreibt Lacan wie sich das Ich durch die Identifaktion mit einem Bild des Selbst bildet. Für Freud ist das Ich der organisierte Teil der Psyche, der zwischen den Imperativen des Überichs und dem Unbewussten des Es vermittelt. Lacan gibt der Entwicklung des Ichs nun einen neuen dreh. Er unterscheidet in seinem Werk immer zwischen Ich und Subjekt. Doch um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, welche Ideen Lacan in "Das Spielgelstadium" verbindet.
Phänomenologie: Phänomenologie kommt vom deutschen Philosophie Edmund Husserl. Die Idee ist, dass Dinge nicht einfach unabhängig von unserer Wahrnehmung in der Welt existieren, sondern eng mit menschlichem Bewusstsein verbunden sind. Wir haben nur direkten Zugriff auf unsere Wahrnehmung, also auf "Phänomene" und nicht auf Dinge wie sie in der Welt sind. Nachfolger Husserls waren vor allem Martin Heidegger und Jean-Paul Sartre. Heidegger meinte, dass wir als Menschen immer in Raum und Zeit situiert sind. Was uns unsere Identität gibt ist ein ständiges projezieren in die Welt und in die Zukunft. Menschliches Bewusstsein ist also nichts, dass einfach in unseren Köpfen stattfindet, sondern ein ständiges Projezieren, das "Dasein". Diese Ideen übernimmt Sartre und unterscheided zwischen Selbstbewusstsein und Ich. Das Selbstbewusstsein war für Sartre im wesentlichen "Nichts" und das Ich etwas in der Welt, dass von einem Subjekt wahrgenommen werden kann. Diese Vorstellungen hatten großen Einfluss auf Lacan.
Experimentelle Psychologie: Wie kommt das menschliche Wesen zum Selbstbewusstsein? Die experimentelle Psychologie fand heraus, dass das Selbstbewusstsein eintritt, sobald sich das Kind von Anderen und seiner Umwelt unterscheiden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Moment, in dem das Kind erkennt, dass sein Spiegelbild ein Bild von sich selbst ist. Was die experimentelle Psychologie nicht erklären konnte ist, warum gerade das Spiegelbild so eine große Anziehungskraft für das Kind hat und wie die Bildung des Selbstbewusstsein funktioniert.
Dialektik von Anerkennung und Begehren: Lacan besuchte wie viele große französische Denker seiner Zeit das Hegel Seminar Kojèves. Er interessierte sich vor allem dafür, wie sich das Selbstbewusstsein bei Hegel dialektisch bildet. Für Hegel reicht es nicht, wenn der Mensch alleine bewusst ist. Er muss von einem anderem Subjekt als bewusst anerkannt werden, um Selbstbewusst zu sein. Somit ist "jedes menschliche Sein, das Sein des anderen." Dieser Gedanke wird Grundlegend sein für Lacan. Das menschliche Bewusstsein ist immer Entfremdet. Einmal dürch das Spiegelstadium und die Bildung des Ichs und durch die Sprache.
Das Spiegelstadium findet zwischen dem 6. und 18. Monat des Kindes statt. Das ist die Phase die Freud die narzistische Phase nannte. Das Kind ist verliebt in das Bild von sich selbst. In dieser Phase beginnt das Kind sein eigenes Gesicht im Spiegel zu erkennen (nicht unbedingt ein wirklicher Spiegel, es kann auch das Gesicht der Mutter sein) und beginnt damit zu spielen, was ein Lustgefühl hervorruft. Schließlich erkennt das Kind, dass das Bild nur eine Reflektion des eigenen Körpers ist. Das Kind erfährt das erste mal, dass sein Körper eine Gesamtheit ist. Es kann die Teile des Spiegelbilds bewegen, indem es seinen eigenen Körper bewegt. Das steht im Kontrast dazu, dass es den eigen Körper nocht nicht ganz unter Kontrolle hat, im Gegensatz zum Spiegelbild. Das Kind identifiziert sich mit seinem Spiegelbild, es ist das Spiegelbild. Nur dadurch kann das Kind sich später als ein einheitliches Selbst erkennen. Doch das wird damit erkauft, dass es wesentlich entfremdet ist. Das Selbst wird mit dem Spiegelbild getauscht, um Einheit zu schaffen. Unser Selbst ins ein Anderes, nämlich unser Spiegelbild.
Genau in diesem Moment entsteht das Ich. Das Ich ist im wesentlichen eine imaginäre Funktion. Es ist ein Missverständnis, dass die Fragmentiertheit unseres Selbst, durch die Komplettheit unseres Spiegelbilds ersetzt. Diese Dialektik die zwischen dem fragmentierten Körper des Kindes und der Einheit des Spiegelbildes entsteht, wiederholt sich später in sozialen Situatioen zwischen dem Ich und dem Anderen. Um zu existieren muss man von einem Anderen erkannt werden. Der Andere garantiert uns unsere Existenz. Auf der Imaginären Ebene findet also die Identefikation unseres Selbst und die Identifkation von Anderen durch Bilder statt.
Lacan sagt: „Das Ich ist nicht das Ich.“ („Le je n'est pas le moi.“) Denn: „Ich ist ein Anderer" Das imaginäre Ich, dass ich nur durch die Anderen erkenne, ist das Ideal-Ich (moi), an das ich mich immer versuche anzunähern.
Ich beziehe mich hauptsächlich auf: "Jacques Lacan" von Sean Holmer. Auch sehr zu empfehlen zum Einstieg ist "Lacan. Eine Einführung" von Slavoj Zizek
Das Imaginäre
Lacans erste große Erneuerung war die Idee des Imaginären. In seinem Artikel "Das Spiegelstadiom" beschreibt Lacan wie sich das Ich durch die Identifaktion mit einem Bild des Selbst bildet. Für Freud ist das Ich der organisierte Teil der Psyche, der zwischen den Imperativen des Überichs und dem Unbewussten des Es vermittelt. Lacan gibt der Entwicklung des Ichs nun einen neuen dreh. Er unterscheidet in seinem Werk immer zwischen Ich und Subjekt. Doch um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, welche Ideen Lacan in "Das Spielgelstadium" verbindet.
Phänomenologie: Phänomenologie kommt vom deutschen Philosophie Edmund Husserl. Die Idee ist, dass Dinge nicht einfach unabhängig von unserer Wahrnehmung in der Welt existieren, sondern eng mit menschlichem Bewusstsein verbunden sind. Wir haben nur direkten Zugriff auf unsere Wahrnehmung, also auf "Phänomene" und nicht auf Dinge wie sie in der Welt sind. Nachfolger Husserls waren vor allem Martin Heidegger und Jean-Paul Sartre. Heidegger meinte, dass wir als Menschen immer in Raum und Zeit situiert sind. Was uns unsere Identität gibt ist ein ständiges projezieren in die Welt und in die Zukunft. Menschliches Bewusstsein ist also nichts, dass einfach in unseren Köpfen stattfindet, sondern ein ständiges Projezieren, das "Dasein". Diese Ideen übernimmt Sartre und unterscheided zwischen Selbstbewusstsein und Ich. Das Selbstbewusstsein war für Sartre im wesentlichen "Nichts" und das Ich etwas in der Welt, dass von einem Subjekt wahrgenommen werden kann. Diese Vorstellungen hatten großen Einfluss auf Lacan.
Experimentelle Psychologie: Wie kommt das menschliche Wesen zum Selbstbewusstsein? Die experimentelle Psychologie fand heraus, dass das Selbstbewusstsein eintritt, sobald sich das Kind von Anderen und seiner Umwelt unterscheiden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Moment, in dem das Kind erkennt, dass sein Spiegelbild ein Bild von sich selbst ist. Was die experimentelle Psychologie nicht erklären konnte ist, warum gerade das Spiegelbild so eine große Anziehungskraft für das Kind hat und wie die Bildung des Selbstbewusstsein funktioniert.
Dialektik von Anerkennung und Begehren: Lacan besuchte wie viele große französische Denker seiner Zeit das Hegel Seminar Kojèves. Er interessierte sich vor allem dafür, wie sich das Selbstbewusstsein bei Hegel dialektisch bildet. Für Hegel reicht es nicht, wenn der Mensch alleine bewusst ist. Er muss von einem anderem Subjekt als bewusst anerkannt werden, um Selbstbewusst zu sein. Somit ist "jedes menschliche Sein, das Sein des anderen." Dieser Gedanke wird Grundlegend sein für Lacan. Das menschliche Bewusstsein ist immer Entfremdet. Einmal dürch das Spiegelstadium und die Bildung des Ichs und durch die Sprache.

Genau in diesem Moment entsteht das Ich. Das Ich ist im wesentlichen eine imaginäre Funktion. Es ist ein Missverständnis, dass die Fragmentiertheit unseres Selbst, durch die Komplettheit unseres Spiegelbilds ersetzt. Diese Dialektik die zwischen dem fragmentierten Körper des Kindes und der Einheit des Spiegelbildes entsteht, wiederholt sich später in sozialen Situatioen zwischen dem Ich und dem Anderen. Um zu existieren muss man von einem Anderen erkannt werden. Der Andere garantiert uns unsere Existenz. Auf der Imaginären Ebene findet also die Identefikation unseres Selbst und die Identifkation von Anderen durch Bilder statt.
Lacan sagt: „Das Ich ist nicht das Ich.“ („Le je n'est pas le moi.“) Denn: „Ich ist ein Anderer" Das imaginäre Ich, dass ich nur durch die Anderen erkenne, ist das Ideal-Ich (moi), an das ich mich immer versuche anzunähern.
Ich beziehe mich hauptsächlich auf: "Jacques Lacan" von Sean Holmer. Auch sehr zu empfehlen zum Einstieg ist "Lacan. Eine Einführung" von Slavoj Zizek